31.05.2022 - It takes a Village: Bar Mitzvah’d at Forty

 

Der in Berlin lebende israelische Performancekünstler Ariel Efraim Ashbel verwebt in seiner Arbeit scheinbar unabhängige historische, politische, theoretische und popkulturelle Referenzen. Seit 2014 arbeitet er an einem Zyklus
von Performances, in denen er sich persönlich und im Austausch mit anderen mit den Ritualen und dem sozialen Zusammensein an jüdischen Feiertagen auseinandersetzt.

Seit 2020 ist Ashbel im Rahmen von METAhub Artist in Residence in Frankfurt. Die spezifische Geschichte und Diversität der Stadt nimmt er dabei als in Deutschland lebender israelischer Performancekünstler mit jemenitischen Wurzeln zum Anlass, sein Verhältnis zu Religion, Heimat, Denktraditionen und eigenen Prägungen zu befragen. Sein Austausch mit Menschen und seine umfangreichen Recherchen mit den Sammlungen der an METAhub beteiligten Museen – der des Jüdischen Museums Frankfurt und des Archäologischen Museums Frankfurt – gipfeln in der performativen zweitägigen Veranstaltungsreihe “It takes a Village: Bar Mitzvah’d at Forty” am 11. und 12. Juni. Anlass und Höhepunkt ist Ariel Efraim Ashbels Bar Mizwa, der Beginn seiner religiösen Mündigkeit und sein Eintritt in den Kreis der aktiv Betenden, die im
Rahmen des Gottesdiensts zur Lesung aus der Tora aufgerufen werden können. Die Bar Mizwa ist ein bedeutender Übergangsritus im Leben eines heranwachsenden jüdischen Jugendlichen, die in Regel mit 13 Jahren stattfindet. Ashbel holt sie im Alter von 40 Jahren hier in Frankfurt nach. Die nicht-öffentliche religiöse Zeremonie wird von ihm um drei weitere Feiern ergänzt, zu denen die gesamte Stadtgesellschaft eingeladen ist: it takes a village!

Seit 2020 dokumentiert Ariel Ashbel seine Auseinandersetzung mit den Museumssammlungen, mit den Menschen und Geschichten aus Frankfurt. In einer mehrteiligen Mini-Serie auf metahubfrankfurt.de wird er ab dem 6. Juni Videos und weitere Materialien online veröffentlichen und möchte damit seinen persönlichen, gegenwärtigen Zugang zu jüdischem kulturellem Erbe mit der Öffentlichkeit teilen.

„Jüdische Kultur und jüdisches Leben sind seit jeher integrale Bestandteile unserer Stadtgeschichte. Ariel Efraim Ashbels persönliche Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft und jüdischen Tradition gibt uns nun die Gelegenheit, beides aus individueller, aber eben auch künstlerischer Sicht zu begreifen und dabei mehr über unser kulturelles Erbe zu erfahren“, erklärt Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig. „Diese Art der Interventionen ermöglichen ungemein wertvolle Zugänge und stärken unser interkulturelles Verständnis.“

“Das Herausragende an der Arbeitsweise von Ariel Efraim Ashbel ist für uns die Konsequenz, mit der er in bester Tradition der Performancekunst sich selbst und seine Biografie zur “Bühne” erklärt, zu einem öffentlichen Schauplatz, Verhandlungs- und insbesondere Begegnungsort. “It takes a Village” ist dabei Feststellung, Aufforderung und Einladung zugleich, wenn Ashbel deutlich machen will, welch eine Vielzahl von Menschen und dynamischen Einflüssen aus religiösen, kulturellen und künstlerischen Einflüssen beteiligt ist, um Biografien zu prägen, zu entwickeln und in Bewegung zu halten.” Marcus Droß, Dramaturg, Künstlerische Ko-Leitung Mousonturm

Ashbels umfangreiche Vorbereitungen auf die eigene Bar Mizwa im Rahmen seiner Residenz in Frankfurt waren u.a. durch das Besuchen und Kennenlernen der Stadt, ihrer jüdischen Geschichte und heutigen Gemeinde geprägt. Er recherchierte in den Archiven der Frankfurter Museen, studierte und übte Gesänge mit dem Frankfurter Kantor Yoni Rose und führte regelmäßig Gespräche mit dem Frankfurter Rabbiner Julian-Chaim Soussan. Gemeinsam reflektierten sie Verbindungslinien zwischen Gegenwartskultur und jüdischen Traditionen, diskutierten die Rolle persönlichen und kulturellen Erbes für die eigene Entwicklung und die Bedeutung des Erwachsenwerdens und von Verwandlung. „Ariel Ashbels Performances verbinden künstlerische Recherchen und persönliche Reflexionen mit der ältesten Form von Kultur überhaupt: der kultischen Handlung. Sie überschreiten die Grenzen zwischen unbelebten Dingen und ritueller Praxis, zwischen säkularen Räumen und religiösen Traditionen, zwischen Museum und Gottesdienst. Mit eben dieser Überschreitung überträgt Ashbel den Übergang, den die Bar Mizwa-Zeremonie vollzieht, in den kulturellen Raum einer (Selbst-)verständigung, die traditierten Riten und ihren materiellen Kulturgütern eine neue Gegenwärtigkeit verleiht.“ Prof. Dr. Mirjam Wenzel. Direktorin des Jüdischen Museums Frankfurt „Bar Mizwa heißt wörtlich „Sohn des Gebotes“ - in der Regel begleite ich 12-jährige Jungs auf ihrem Weg in die Jüdische Volljährigkeit, die sie mit 13 Jahren erreichen. Mit Ariel zu arbeiten, zu diskutieren, mit immer wieder wechselnden und einander ergänzenden Perspektiven auf Texte, Religion(en), Spiritualität, Philosophie, Ge-und Verbote, Thora, Talmud und Kabbalah, ist für uns beide eine besondere Erfahrung, Herausforderung und Bereicherung. Besonders ansteckend sind seine Begeisterung, sein Enthusiasmus und seine Freude sowohl über den Lernprozess, als auch auf die für ihn auch emotionale sehr bedeutsame Feier.“ Rabbiner Julian-Chaim Soussan

Dezernat Kultur und Wissenschaft
Pressesprecherin und Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit
Jana Kremin
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Telefon: 069 – 212 492 32; Fax: 069 – 212 97 492 32
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