29.06.2015 - FILM UND GAMES. EIN WECHSELSPIEL

 

Der Kulturdezernent
Prof. Dr. Felix Semmelroth

PRESSEINFORMATION
29.06.2015

FILM UND GAMES. EIN WECHSELSPIEL
Ausstellung, Filmreihe, Katalog, Begleitprogramm und Summer Games
(1. Juli 2015 bis 31. Januar 2016)

In rasantem Tempo haben sich viele Computerspiele in den vergangenen Jahren in Richtung Film entwickelt. Die bewegten Bilder dieser Spiele sind heute von so herausragender Qualität und kompositorischer Dichte, dass sie häufig kaum noch von Film zu unterscheiden sind. Überfällig ist daher eine eingehende vergleichende Auseinandersetzung mit den beiden Medien.

Film und Games - ein Wechselspiel ? Deutsches Filmmuseum

Die Wechselwirkungen zwischen Film und Games untersucht erstmals die gleichnamige Ausstellung (1. Juli 2015 bis 31. Januar 2016) im Deutschen Filmmuseum. Ziel der Schau ist es, zu vermitteln, wie sich Filme und Spiele ästhetisch und thematisch beeinflussen, wo es grundlegende Gemeinsamkeiten oder Unterschiede sowie ähnliche Entwicklungen gibt. Auf welche Weise erschaffen Filme und Spiele ihre Bildwelten? Wie erzeugen sie Spannungsmomente? Lösen die von den Spielern interaktiv in Bewegung gesetzten Bilder der Games das klassische Bewegtbild des Kinos ab? Oder ergeben sich aus der wechselseitigen Beeinflussung neue kreative und künstlerische Möglichkeiten für die Zukunft?

Aus verschiedenen Perspektiven (Adaption, Genres, Transmediale Welten, Bild- und Klangräume, Spielerische Einflüsse in Filmen, Art Games) erkundet die Ausstellung das Verhältnis von Filmen und dem Kulturgut Games: So untersucht sie, auf welche Art und Weise sich Games-Einflüsse in Filmen wiederfinden und wie Filmstoffe direkt auf Spiele übertragen werden. Umgekehrt funktioniert es etwa bei Silent Hill: In einem mehr als vier Minuten langen Loop – dem längsten in der gesamten Ausstellung – lässt sich anhand einer Schlüsselszene nachvollziehen, wie sehr sich SILENT-HILL-Regisseur Christophe Gans (USA 2006) auf die Spieldramaturgie eingelassen hat und diese übernimmt. Während im Split-Screen auf der einen Seite die männliche Spielfigur, ein Vater auf der Suche nach seiner Tochter, im Ascheregen durch das geisterhafte Dorf Silent Hill wandert, ist es in der Projektion rechts die filmische Mutter (Radha Mitchell), die in verwirrender Parallelität in einem ganz ähnlich vernebelten Silent Hill nach ihrer verschwundenen Tochter sucht. In der Frühzeit der Games war es weit üblicher, dass sich die Games-Branche bei Filmstoffen bediente, um diese für Spiele zu nutzen (E.T., die Indiana Jones-Reihe, GREMLINS, THE ROCKY HORROR PICTURE SHOW; RAMBO). SILENT HILL steht in der Ausstellung dagegen stellvertretend für eine außergewöhnlich gut gelungene Spieleverfilmung.

Genres, ob Fantasy, Science-Fiction, Western oder Horror, sind medienübergreifend. Auch in Spielen haben sie sich ganz selbstverständlich herausgebildet: So gibt es schon einfache 8-Bit-Western wie Gun Fight (1975), die mit simplen Bildpunkten Kakteen als genretypische Merkmale konstruieren. Zieht eine Spielfigur in einem solchen Setting eine Waffe, weiß jeder, dass ein Duell oder eine Schießerei bevorsteht. Eines von vier Western-Spielen in der Ausstellung ist das 2010 erschienene Red Dead Redemption, das mit der Projektion eines in den Sonnenuntergang reitenden Lonesome Cowboy die emotionale Bildkraft der modernen Spiele verdeutlicht.

Die Schau stellt Bild- und Klangwelten in Spielen vor, wenn sie etwa bei Assassin's Creed nachspürt, wie das Set-Design die historischen Stadtlandschaften von Istanbul oder Florenz originalgetreu rekonstruiert oder an einer Audio-Station die musikalische Bandbreite von Spiele-Soundtracks erfahrbar macht. Sie stellt die oft unabhängig von großen Firmen entstandenen Art Games vor und fächert auf, wie sich rund um bestimmte Filme und Spiele (STAR WARS, USA 1977 ff., R: George Lucas oder Tomb Raider) in verschiedenen Medien ganz eigene Erzählstränge entfalten.

Ein dramatisch-dunkler Raum aus Pixel-Quadraten empfängt die Besucher/innen im Deutschen Filmmuseum, eine Black Box für Film und Games, die als leuchtende Projektionen aus dem Dunkel treten: „Uns war es wichtig, dass die Ausstellung nicht nur über die Inhalte zu packen versteht, sondern auch emotional über die Raumatmosphäre anspricht“, sagte Projektleiter und Kurator Dr. Wolfger Stumpfe auf der Pressekonferenz am Montag vormittag. „Deshalb lag uns eine ansprechende Ausstellungsgestaltung besonders am Herzen, die den passenden ästhetischen Rahmen für ein sinnliches Erlebnis bietet.“

Diesen sinnlichen Zugang bieten 20 Projektionen von Film- und Spielausschnitten, anhand derer die Besucher Ästhetik, Wirkung und erzählerische Mittel von Computerspielen und Filmen vergleichend betrachten können. An sieben interaktiven Stationen sind wichtige Games (darunter Indiana Jones, Lego Star Wars, Tomb Raider, Psychonauts, Bit Trip Beat oder FEZ) anspielbar. Ergänzt werden die bewegten Bilder durch Objekte wie Entwurfsskizzen, Materialien aus dem Produktionsprozess von Games, einen Spielautomaten sowie diverse Sammlerstücke.

„Das Deutsche Filmmuseum betritt mit seiner innovativen Ausstellung wieder einmal Neuland und bietet nun erstmals eine vergleichende Betrachtung auf Filme und Spiele und damit einen ungewöhnlichen, populären, ganz neuen Zugang zu den beiden Medien“, betonte Claudia Dillmann, Direktorin des Deutschen Filmmuseums. Der thematische Bogen sei dabei so breit gespannt wie der zeitliche: „Der älteste Film, STEAMBOAT WILLIE, stammt aus dem Jahr 1928; das neueste Spiel, ALIEN: ISOLATION, aus dem Jahr 2014.“

„Weil man im Spiel fast wie in einer Plansequenz durchgehend den filmischen Raum erkundet, hat man die Möglichkeit, dorthin zu gehen, wo im Film das Geschehen vielleicht ausgeblendet würde“, nannte Kurator Andreas Rauscher ein Beispiel für einen interessanten Aspekt beim Vergleich zwischen Film und Games: „Der Spieler hat mehr Handlungsmöglichkeiten und mehr ästhetische Eigenverantwortung, weil er die Kamera kontrolliert.“ Die interessanteren Adaptionen heute übertrügen eben nicht den Film eins zu eins in ein Spiel, „sondern sie gestalten stattdessen die Storyworld weiter aus und erkunden dabei neue Aspekte, die im Film angedeutet und im Spiel weiter vertieft werden können.“

Dass sich das Deutsche Filmmuseum „als Leuchtturm-Einrichtung am Frankfurter Museumsufer mit der Ausstellung Film und Games erneut wichtigen Fragen, wie der nach der Zukunft des Geschichtenerzählens im digitalen Zeitalter stellt“, hob Frankfurts Kulturdezernent Felix Semmelroth lobend hervor. Es sei Zeit, die Computerspiele aus den Kinder- und Hinterzimmern herauszuholen, „um zu untersuchen, wie sich das bewegte Bild abseits vom Kino in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat. Jugendliche leben selbstverständlich in dieser Medienwelt und die Wirkungsanalyse auf den Einfluss von Sinn, Ästhetik und Gesellschaft ist unabdingbar für die offene Auseinandersetzung mit den medialen Veränderungen unserer Zeit“, ergänzte der Stadtrat.

Dr. Helmut Müller, Geschäftsführer des Kulturfonds Frankfurt RheinMain, unterstrich: „Es ist für den Kulturfonds sehr erfreulich, dass das Deutsche Filmmuseum mit Film und Games in einer Zeit, in der die Medien immer stärker konvergieren und die Kooperation zwischen den unterschiedlichsten Sparten immer enger wird, völlig neuartige Wege geht. Ich wünsche dem Filmmuseum, dass durch die Tore, die es damit eröffnet, viele begeistert mitgehen.“

Die Ausstellung ist für Kinder und Jugendliche geeignet und bietet der gesamten Familie aufschlussreiche, spannende und unterhaltsame Begegnungen mit der faszinierenden Film-und-Games-Welt der vergangenen vierzig Jahre. Einige wenige Spiele in der Ausstellung sind allerdings erst ab zwölf Jahren freigegeben.

Filmreihe, Veranstaltungen, Workshops, Summer Games und ein Katalog
Eine Filmreihe und ein Programm mit Diskussionen, Events und Workshops begleiten die Ausstellung im Deutschen Filmmuseum. In den Sommerferien laden die Summer Games Jugendliche dazu ein, die Beziehungen von Filmen und Games spielerisch zu erkunden. Ein umfangreicher Katalog (in deutscher und englischer Ausgabe) erforscht das Thema als Dialog zwischen wissenschaftlicher Theorie und Praxis. Für den Luftraum des Filmmuseums, der sich im Foyer über 14 Meter Höhe erstreckt, haben Master-Studierende der Hochschule Darmstadt eine interaktive Installation konzipiert, in der das Publikum Wünsche und Träume auf die Reise schicken kann.

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