22.01.2024 - Musikalische Lesung zum Holocaustgedenktag im Historischen Museum Frankfurt

Die Kulturdezernentin
Dr. Ina Hartwig

PRESSEINFORMATION
22.01.2024

Musikalische Lesung zum Holocaustgedenktag im Historischen Museum Frankfurt

Am Samstag, 27. Januar, dem internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, laden das Dezernat Kultur und Wissenschaft sowie die Hessische Landeszentrale für politische Bildung um 11.30 Uhr ins Historische Museum Frankfurt zu einer musikalischen Lesung unter dem Titel „Ich wandr’e durch Theresienstadt“. Der Eintritt zu der öffentlichen Veranstaltung ist frei, um eine Anmeldung an kulturdezernat@stadt-frankfurt.de wird gebeten.

Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig: „Die zynische Propaganda der Nationalsozialisten, die die Hölle von Theresienstadt zur jüdischen Mustersiedlung verklärte, ist an Perfidie nicht zu übertreffen. Es fällt aus heutiger Sicht schwer, einen solchen Ort mit Kunst und Kultur in Verbindung zu bringen. Und dennoch haben die Menschen geschrieben, musiziert und komponiert – teils auf Druck zur Mitarbeit an den Propagandaaktionen, teils im Verborgenen und aus eigenem Antrieb. Wenn wir diese Werke heute lesen und aufführen, erinnern wir sie als das, was sie tatsächlich waren: Als erbitterten Widerstand der Kunst gegen die Shoah.“

Die musikalische Lesung „Ich wand're durch Theresienstadt …“ erinnert an das unfassbare Leid, die Hoffnungen und die künstlerische Selbstbehauptung der in Theresienstadt inhaftierten Jüdinnen und Juden. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Schicksalen damals junger Menschen. Roman Knižka liest aus Erinnerungen u.a. von Ruth Klüger, Eva Erben, Helga Hošková-Weissová, Hannelore Brenner-Wonschick, Gerty Spies und Margot Kleinberger. Gedichte und Texte von Kindern und Jugendlichen, die in Theresienstadt inhaftiert waren, kommen ebenso zu Gehör, wie Lyrik der als Kinderkrankenschwester arbeitenden Schriftstellerin Ilse Weber. Das Bläserquintett OPUS 45 spielt Kompositionen u.a. von Pavel Haas, Hans Krása, Viktor Ullmann und Gideon Klein. In Theresienstadt inhaftiert und von den Nationalsozialisten ermordet, geriet das Werk dieser bedeutenden Komponisten nach Ende des Zweiten Weltkriegs lange Zeit in Vergessenheit.

 

Zum historischen Hintergrund

Im Jahr 1941 errichtete die SS in der böhmischen Stadt Terezín das Lager Theresienstadt. Es diente bis 1945 als Gefängnis für 150.000 deutsche, österreichische, tschechische, später auch holländische und dänische Jüdinnen und Juden. Sie alle wurden zu Opfern der menschenverachtenden nationalsozialistischen Rassenideologie. Jeder vierte der in Theresienstadt inhaftierten Jüdinnen und Juden starb dort. Von den fast 15.000 Kindern, die nach Theresienstadt kamen, überlebten nur 132. Für Unzählige war der Ort ein „Vorhof der Hölle“. Die letzte Station vor dem Weitertransport in Vernichtungslager wie das KZ Auschwitz-Birkenau.

Es scheint rückblickend kaum vorstellbar, dass sich in Theresienstadt trotz katastrophaler Lebensbedingungen, zermürbender Zwangsarbeit, ständigem Hunger, Krankheit und der allgegenwärtigen Todesangst ein reges kulturelles Leben entwickelte: Organisiert von den Inhaftierten gab es Vorträge, Theater- und Opernaufführungen, Kabarett, Jazzkonzerte sowie zahlreiche Kammermusikdarbietungen. Über fünfzig Mal wurde allein die Kinderoper „Brundibár“ des deutsch-tschechischen Komponisten Hans Krása mit großem Erfolg aufgeführt. Vom Singen im Chor bis hin zur Gestaltung des Bühnenbilds wirkten Kinder und Jugendliche an der Inszenierung maßgeblich mit. Für junge Menschen war die künstlerische Betätigung und der Unterricht, den jüdische Künstlerinnen und Künstler sowie Pädagoginnen und Pädagogen im Lager organisierten, von großer Bedeutung. Beides enthob, zumindest für einen Augenblick, von den Grauen des Alltags. Wie vielfältig die Kreativität junger Menschen in Theresienstadt war, dokumentieren zahlreiche Texte, Gedichte und Zeichnungen.

Die kulturellen Aktivitäten von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Theresienstadt wurden seitens der nationalsozialistischen Machthaber erst geduldet, dann auf zynische Weise für Propagandazwecke missbraucht: Theresienstadt wurde der Weltöffentlichkeit als „Musterlager“ mit vielseitigem Freizeitangebot präsentiert. Im Auftrag der SS entstand der Propagandafilm „Theresienstadt. Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet“. Der Film zeigt u.a. die Uraufführung eines Orchesterwerks des hochbegabten tschechischen Komponisten Pavel Haas. Dieser stand bei den Aufnahmen selbst am Pult. Kurz nach Abschluss der Dreharbeiten wurde Pavel Haas wie fast alle Mitwirkenden des Films in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet.
 

Dezernat Kultur und Wissenschaft
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