Die Kulturdezernentin
Dr. Ina Hartwig
PRESSEINFORMATION
18.09.2020
Kulturdezernentin Hartwig: ein Theater für die kommenden Generationen schaffen
Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig hat am Freitag, 18. September, das Nutzungs- und Betriebskonzept für das künftige Kinder- und Jugendtheater im sanierten Zoogesellschaftshaus vorgestellt. Das Konzept ist die inhaltliche Grundlage und der letzte Schritt vor dem Architekturwettbewerb für die konkreten Sanierungs- und Umbaumaßnahmen im Zoogesellschaftshaus.
„Es ist eine einmalige Chance, die sich Frankfurt nicht entgehen lassen wird. Im Zoogesellschaftshaus kann jetzt ein Kinder- und Jugendtheater entstehen, das für unsere lebendige, wachsende und vielfältige Stadt längst überfällig ist. Frankfurt erhielte ein Haus, das künstlerisch und konzeptionell weit über die Region und sogar international ausstrahlen könnte. Das jetzt vorliegende Nutzungs- und Betriebskonzept konkretisiert das Projekt inhaltlich, finanziell und im Hinblick auf die räumlichen Anforderungen“, sagt Dr. Ina Hartwig. „Die Coronapandemie hat den Trend zur Vereinzelung weiter verstärkt. Den Wunsch junger Menschen nach Gemeinschaftserleben sieht man dieser Tage auf allen öffentlichen Plätzen. Gerade die darstellenden Künste können Kinder und Jugendliche in ihrer kreativen und sozialen Entwicklung enorm fördern und ihnen einen Gewinn für das ganze Leben bringen, Kinder- und Jugendtheater wirft gesellschaftliche Fragen auf und befähigt zu Mitbestimmung und Emanzipation. Theater ist ein Ort der Utopien und des unbedingten Miteinanders und so ein zutiefst demokratischer Raum“, erläutert die Frankfurter Kulturdezernentin weiter.
Die darstellenden Künste werden in ihrer Vielfalt (Sprech-, Tanz-, Musik-, Objekt- und Figurentheater und Performances) berücksichtigt. Ein Schwerpunkt könnte Tanztheater werden. „Das Kinder- und Jugendtheater soll bereit sein für künstlerische Wagnisse, neue Geschichten entwickeln und alte wieder im neuen Kontext erzählen, experimentieren, an und über Grenzen gehen, künstlerisch forschen und neue Generationen von Künstlerinnen und Künstlern einbeziehen.“ Es soll mit künstlerisch starkem zeitgenössischen Theater für junges Publikum sowie Koproduktionen und Gastspiele auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene über die Stadtgrenzen hinaus wirken. Besonders wichtig sind Hartwig dabei theaterpädagogische Angebote und Spielclubs: „Interaktives und Mitmachangebote werden ein Markenzeichen. Und auf allen Entscheidungsebenen soll sich die kulturelle Vielfalt der Gesellschaft zeigen. Für diese Aufgaben verbietet sich ein starres Konzept, insofern ist das Kinder- und Jugendtheater ein lernender, sich stets erfindender, modellhafter Ort.“
Elementar ist für Hartwig die Einbeziehung der freien Kinder- und Jugendtheaterszene in Frankfurt bei der Erstellung des Konzepts: „Das Haus soll neben dem eigenen Ensemble auch ein Haus für die freie Szene werden, der es in Frankfurt bisher an ausreichenden Spielorten mangelt.“ Deshalb wurden freie Kinder- und Jugendtheatermacher von Beginn an bei der Erstellung des Konzepts beteiligt.
Zur Erstellung eines realistischen Wirtschaftsplans trug die Übermittlung der Jahresdaten für künstlerisches Budget, Personal, Finanzen sowie einzelner Kostenstellen durch sechs Vergleichstheater bei (davon zwei aus dem europäischen Ausland). Ausgehend von rund 500 Vorstellungen pro Spielzeit und etwa 60 000 Besucherinnen und Besuchern werden die Betriebskosten für das neue Frankfurter Haus mit rund 3,9 Millionen Euro pro Jahr kalkuliert, sofern das Konzept in dieser bestmöglichen Variante vollumfänglich umgesetzt wird. Die Stadt will mit dem Ziel einer gemeinsamen Trägerschaft auf das Land Hessen und die Region zugehen, da das Theater für Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Rhein-Main-Gebiet da sein werde.
Der große Theatersaal soll das Herz des Hauses werden, für bis zu 450 Besucherinnen und Besucher. Er kann in zwei kleinere Säle geteilt werden. Um zwei versetzte Vorstellungen pro Vormittag zu ermöglichen, wird diese Teilung der Normalzustand im laufenden Betrieb sein. In direkter Umgebung befinden sich Unterbühne, Hubpodien und Verbindungen zu Lagern und Werkstätten. Regiezonen für Licht, Ton, Video ermöglichen direkten Kontakt zum Geschehen im Saal.
Die Säle werden multifunktional gestaltbar, es gibt keine festen Bühnen und Tribünen. Flexible Podesterien erlauben Bühnengestaltung nach künstlerischen Erfordernissen. Für Spielclubs und interaktive theaterpädagogische Angebote stehen außerdem zwei Workshopräume für mindestens 30 Personen zur Verfügung, einer der Räume ist für Tanzworkshops geeignet.
Der Balkonsaal wird gemeinsam mit dem Zoo und der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt genutzt. Das Kinder und Jugendtheater nutzt den Saal als Aufwärm- und Proberaum, für partizipatorische Formate und für Diskursveranstaltungen. Ferner sind zwei weitere Probebühnen geplant, von denen eine auch als Studiobühne etwa für Tanz genutzt werden kann.
Grundlage des knapp 60-seitigen Konzepts war die Befragung von so genannten Stakeholdern. Dieser dialogische Prozess umfasste Gespräche mit Akteurinnen und Akteuren des Kinder- und Jugendtheaters, der Kulturpolitik, des Zoos und der Zoologischen Gesellschaft und Arbeitssitzungen mit dem Projektteam. Fokusgruppen fanden mit Jugendlichen und der freien Theaterszene statt, um deren Bedürfnisse aufzunehmen. Beauftragt wurde EDUCULT, ein Institut in Wien, das seit vielen Jahren europaweit an der Schnittstelle von Kultur, Kulturpolitik und Wissenschaft arbeitet und über Expertise zu Kinder- und Jugendtheater verfügt. Unterstützt wurde EDUCULT von Protagonistinnen der freien Kinder- und Jugendtheaterszene Frankfurts sowie der Leitungsebene Junges Ensemble Stuttgart und den Mitarbeitenden der Projektgruppe.
Im sanierten Zoogesellschaftshaus werden auch Zooverwaltung und Zooschule neue Räumlichkeiten beziehen, in mehreren Workshops wurden die Flächenbedarfe, Raumbeziehungen und speziellen Anforderungen ermittelt und abgestimmt.
„Trotz aller Details handelt es sich beim vorliegenden Dokument „nur“ um ein Konzept. Mehrere Jahre vor der Eröffnung können die Entwicklungen, die bis dahin stattfinden werden, nicht gänzlich antizipiert werden. Die letztliche Umsetzung obliegt den Architektinnen und Architekten, der Nutzerinnenvertretung und vor allem dem zukünftigen Team des Kinder- und Jugendtheaters. Wir sind es nicht, die das Theater machen werden. Aber vielleicht sind es die Jugendlichen aus der befragten Fokusgruppe. Schon heute ist klar, dass dieses Haus ganze Generationen prägen wird“, sagt Dr. Aron Weigl, Autor des Nutzungs- und Betriebskonzepts und Geschäftsführer von EDUCULT.
Der Bericht wird jetzt der Stadtverordnetenversammlung vorgelegt und im Anschluss der Öffentlichkeit vorgestellt.
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