13.05.2016 - Nur die Spitze des Eisbergs

 

Fritz Bauer Institut
Geschichte und
Wirkung des Holocaust

Oberlandesgericht
Generalstaatsanwaltschaft
Frankfurt am Main

PRESSEINFORMATION
13.05.2016

Nur die Spitze des Eisbergs
Die Stadt Frankfurt würdigt Fritz Bauer mit einem Kunstwerk

Heute, am 13. Mai wurde vor dem Oberlandesgericht das Fritz-Bauer-Denkmal der Frankfurter Künstlerin Tamara Grcic eingeweiht.

Vor vier Jahren entstand die Idee für das Denkmal, das an das Wirken des Generalstaatsanwalts Fritz Bauer und seine maßgebliche Rolle für das Zustandekommen des Auschwitzprozesses in Frankfurt am Main erinnern soll.

Oberbürgermeister Peter Feldmann sagt: „Über 200 ehemalige Häftlinge des Konzentrationslagers Auschwitz sagten im Prozess aus, häufig unter großen seelischen Qualen, über das, was ihnen angetan wurde oder was sie mit ansehen mussten. Der kaum fassbare Massenmord an Millionen Menschen bekam Gesichter und Stimmen. Die Berichterstattung machte vielen gerade jüngeren Menschen die Monstrosität der deutschen Verbrechen erstmals wirklich sichtbar. Fritz Bauer wollte mit dem Auschwitzprozess Aufklärung vorantreiben – eine Aufklärung, die zu einer demokratischeren, humanistischen und gerechteren Gesellschaft beitragen sollte. Darin liegt sein Vermächtnis und die Verpflichtung für uns, in der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit nicht nachzulassen.“

Im Auftrag des Magistrats entwarf die in Frankfurt lebende Künstlerin Tamara Grcic ein Kunstwerk für den öffentlichen Raum, das aus zwei miteinander korrespondierenden Teilen besteht: einem unbearbeiteten rohen Stein, einem Metamorphit, und zwei großen Bronzetafeln mit einem Zitat Fritz Bauers sowie einem Text zur Person und seinem Verdienst als Initiator des Frankfurter Auschwitz-Prozesses. „Das Denkmal im direkten Umfeld der früheren Wirkungsstätte von Fritz Bauer erinnert an den herausragenden Justizjuristen und Reformer, dem es gelang, Breschen in eine Mauer des Schweigens zu schlagen, die zehn Jahre nach Kriegsende die Täter schützte. Das Denkmal repräsentiert das Anliegen der Aufklärung anstatt von Vergeltung, ohne die das moderne Deutschland nicht vorstellbar wäre, “ so Kulturdezernent Prof. Dr. Felix Semmelroth. „Über die Texte lassen sich das Bestreben und die Willenskraft von Fritz Bauer erahnen. Diese geistige Kraft verbindet sich in der Wahrnehmung mit der unmittelbar zu erlebenden Präsenz des Steines“, fügt der Stadtrat über die Eindrücklichkeit des Kunstwerkes hinzu.

„Der Stein steht für die Festigkeit Fritz Bauers im Kampf um Gerechtigkeit. Für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ist dies ein herausragendes Zeichen für die Richtigkeit ihres täglichen rechtsstaatlichen Strebens nach Gerechtigkeit und Rechtsfrieden“, würdigte der heutige Generalstaatsanwalt Prof. Dr. Fünfsinn das Kunstwerk. „Dieser Stein hat auch für die heutige Justiz eine große Aussagekraft. Die Vergangenheit zeigt, dass der Rechtsstaat keine Selbstverständlichkeit, sondern die Errungenschaft großer Persönlichkeiten wie Fritz Bauer ist. Als Richterinnen und Richter tragen wir eine hohe Verantwortung, den Rechtsstaat gegen mögliche Angriffe zu verteidigen“, erklärte der Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main Dr. Roman Poseck.

Platz findet das Denkmal an prominenter Stelle vor dem Oberlandesgericht auf der Zeil 42. „Mit dem Denkmal von Tamara Grcic ist Fritz Bauer im Zentrum der Erinnerung der Stadt Frankfurt angekommen", fasste der kommissarische Direktor des Fritz-Bauer-Instituts Prof. Dr. Werner Konitzer das Ergebnis zusammen.

Der naturbelassene Stein wurde so in den Untergrund eingelassen, dass nur seine Spitze aus dem gepflasterten Boden ragt. Er verweist damit auf das Zitat Fritz Bauers, das er in einer Diskussionsrunde äußerte. Gleich einem Eisberg sieht man bei der Ahndung der nationalsozialistischen Verbrechen immer nur einen kleinen Teil.

In seiner Präsenz und seinem Volumen widersetzt sich der Stein dem baulichen Ordnungssystem des Platzes, stellt sich der Bewegung der Passanten in den Weg, und veranlasst zum Stehenbleiben und Fragen. Die Materialität und Kraft des Steines, seine Form, sein Volumen, und seine Textur erzeugen an diesem Ort etwas Elementares und Ursprüngliches. Diese sinnlich wahrnehmbare Kraft sieht die Künstlerin in Beziehung zu dem „unerschütterlichen Glauben“ Fritz Bauers an das Menschliche.

Tamara Grcic wurde 1964 in München geboren. Sie studierte an der Frankfurter Städelschule bei Peter Kubelka und Anthropologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Sie arbeitet mit Fotografie und Film und ist für raumgreifende installative sowie temporäre Arbeiten bekannt, mit denen sie immer wieder in Frankfurt zu sehen ist. Zuletzt 2015 im MMK, wo ihr der renommierte Karl-Ströher-Preis verliehen wurde. Tamara Grcic lebt und arbeitet in Frankfurt am Main.

Kontakt und Information:
Dr. Jessica Beebone, Kulturamt Frankfurt am Main
Telefon: 069 212 7 40 68
E-Mail: jessica.beebone@stadt-frankfurt.de
 

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