10.11.2010 - Einweihung der Installation "Fernrohre der Vergangenheit"

 



Der Kulturdezernent
Prof. Dr. Felix Semmelroth

 

10.11.2010 - PRESSEINFORMATION

Einweihung der Installation „Fernrohre in die Vergangenheit“ zur Erinnerung an die ehemalige Synagoge in Frankfurt-Höchst

„Die virtuelle Wiedererstehung der ehemaligen Höchster Synagoge widmen wir in erster Linie den Opfern der Nazi-Diktatur. Durch die „Fernrohre in die Vergangenheit“ blicken wir auf das untergegangene jüdische Leben, auf die Menschen und die jüdische Kultur in dieser Gemeinde, die auf diese Weise in unserem Bewusstsein bleibt“, so Kulturdezernent Prof. Dr. Felix Semmelroth.

Die „Fernrohre in die Vergangenheit“ lassen virtuell die Außenansicht und den Innenraum der 1905 erbauten und am 10. November 1938 zerstörten ehemaligen Höchster Synagoge an ihrem einstigen Standort (dem heutigen Ettinghausenplatz) wieder sichtbar werden. Die beiden optischen Geräte erinnern in ihrem Erscheinungsbild entfernt an Münzfernrohre. Solche Geräte werden von Architectura Virtualis, einem Kooperationspartner der TU Darmstadt, seit 1995 entwickelt. Die Fernrohre sind auf Edelstahlstelen montiert auf denen zusätzlich Informationstafeln mit Texten zur Geschichte und virtuellen Rekonstruktion der Höchster Synagoge angebracht sind.

Nach der Zerstörung blieben nur noch spärliche Informationen über die Höchster Synagoge erhalten. Nur wenige Fotografien, Baupläne und Zeichnungen dienten als Grundlage für die virtuelle Rekonstruktion der Synagoge. Insbesondere die Darstellung des Innenraumes stellte eine größere Schwierigkeit dar, da die Wissenschaftler hierzu nur auf Bauzeichnungen zurückgreifen konnten.

Dem Architekten Dr. Marc Grellert von Arcitectura Virtualis ist es gelungen, aufgrund einer intensiven Zeitzeugenrecherche und -befragung noch lebender jüdischer Zeitzeugen eine Annäherung an den zerstörten Innenraum der Synagoge virtuell wieder herzustellen. So ergaben sich unter anderem die blaue Gewölbedecke mit Sternen, die Farbe der Innenwände und die Gestalt des Deckenleuchters.

Insbesondere die Erinnerungen von Irmgard Marx gaben wesentliche Aufschlüsse für das Projekt. In Höchst geboren und aufgewachsen, besuchte Irmgard Marx das Frankfurter Philantropin, sie lebt seit ihrer Emigration während der Nazi-Zeit in den USA. In einem bewegenden Filmdokument wurden die Erinnerungen der Zeitzeugin Irmgard Marx an ihre Kindheit in Höchst bis zu ihrer Emigration festgehalten.

Nicht nur die Synagoge am Höchster Marktplatz wurde während der Pogrome am 9. und 10. November 1938 in Brand gesetzt. Von den mehr als 20 Synagogen und Betstuben in Frankfurt sind nur die Synagoge in der Freiherr-vom-Stein-Straße und wenige Beträume vor der völligen Zerstörung verschont geblieben.

Die „Initiative zum Gedenken an den Novemberpogrom 1938“ hat die Projektrealisation maßgeblich unterstützt, indem sie wichtige Zeitzeugenkontakte hergestellt und bei der Gestaltung der Infotafeln mitgewirkt hat. Höchster Bürgerinnen und Bürger sowie der Höchster Ortsbeirat haben sich für das Zustandekommen dieser Initiative engagiert, ebenso wie das Jüdische Museum, das an der Textgestaltung beteiligt war. Die Finanzierung der Installationen, die Organisation und Koordination wurden vom Kulturamt Frankfurt am Main und dem Stadtplanungsamt getragen.

Die Architectura Virtualis GmbH arbeitet schwerpunktmäßig auf den Gebieten 3D Computer Rekonstruktion und Simulation von Architektur, Wissensvermittlung mit Hilfe digitaler Medien sowie Entwicklung und Realisierung von Installationen und Exponaten. Sie ist eine Ausgründung der Technischen Universität Darmstadt.

Weitere Informationen und Fotomaterial erhalten Sie über:
Kulturamt Frankfurt am Main
Referat Bildende Kunst
Ursula Heck
Tel.: 069/212-35684
ursula.heck@stadt-frankfurt.de

oder:
Jessica Czok
Tel.: 212-36988,
jessica.czok@stadt-frankfurt.de