07.02.2022 - Feier zu 100 Jahre Stern-Gerlach-Experiment in der Paulskirche

Die Kulturdezernentin
Dr. Ina Hartwig

PRESSEINFORMATION
07.02.2022

Feier zu 100 Jahre Stern-Gerlach-Experiment in der Paulskirche

Vor genau 100 Jahren, in der Nacht vom 7. auf den 8. Februar 1922, fand in Frankfurt ein wegweisendes Experiment der Physikgeschichte statt: das Stern-Gerlach-Experiment. Es gilt als ein Grundstein der modernen Quantenphysik und lieferte eine Grundlage für die Entwicklung der physikalischen Theorie der Quantenmechanik und damit für die Kernspintomographie, Atomuhren oder die vielfältigen heute verwendeten Lasertechnologien. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft feiert diese epochale Entdeckung zusammen mit dem Physikalischen Verein Frankfurt, dem Fachbereich Physik der Frankfurter Goethe-Universität und der Gesellschaft Deutscher Chemiker am Dienstag, 8. Februar, in der Frankfurter Paulskirche mit einer 90-minütigen Festveranstaltung. Die Öffentlichkeit kann der Veranstaltung via Livestream folgen.

Hauptelemente der Feierstunde sind der Vortrag „Das Stern-Gerlach-Experiment – Ein Meilenstein der Physikgeschichte“ von Prof. Dr. Horst Schmidt-Böcking vom Institut für Kernphysik der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main sowie der Vortrag „Stern-Gerlach in der Moderne“ – Präzisionsphysik mit gespeicherten Ionen“ von Prof. Dr. Klaus Blaum, Direktor am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg und Vizepräsident der Chemisch-Physikalisch-Technischen Sektion der Max-Planck-Gesellschaft. Für die Stadt Frankfurt hält Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg ein Grußwort. Zudem findet ein Dialog-Gespräch zwischen Prof. Dr. Dorothée Weber-Bruls, Präsidentin des Physikalischen Vereins, und Dr. Lutz Schröter, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft statt.

Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig würdigt das 100-jährige Jubiläum: „Otto Stern und Walther Gerlach stehen mit ihrem wegweisenden Versuch stellvertretend für eine Vielzahl herausragender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in Frankfurt am Main tätig waren und sind und die unser heutiges Wissen und die Interpretation unserer Welt mitgeprägt haben. Mit ihrem Versuch an der damals neu gegründeten Goethe-Universität haben sie Wissenschaftsgeschichte geschrieben. Sie haben mit dem Stern-Gerlach-Versuch eine experimentelle Grundlage für die Entwicklung zahlreicher moderner Technologien – von der Medizintechnik bis hin zur Unterhaltungselektronik – mit ermöglicht. Gleichzeitig verdeutlicht uns das Beispiel des späteren Nobelpreisträgers Otto Stern, der zunächst Frankfurt und dann Deutschland aufgrund des zunehmenden Antisemitismus wie etliche andere Spitzenforscher verlassen hat, welch unermesslicher Verlust auch auf dem Feld der Wissenschaft unserer Gesellschaft durch die NS-Zeit entstanden sind.“

Die Öffentlichkeit kann der Feierstunde unter https://hvo.events/dpg/ folgen. Darüber hinaus stellt Horst Schmidt-Böcking, Kern-Physiker, Prof. em. Goethe-Universität Frankfurt, in einem Vortrag am Mittwoch, 9. Februar, im Historischen Museum Frankfurt um 18 Uhr (Eintritt 4 / ermäßigt 2 Euro) das Stern-Gerlach-Experiment und die Lebenswege der beiden Wissenschaftler Walter Gerlach und Otto Stern vor. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Ausstellung „Frankfurt und der NS – Eine Stadt macht mit“ statt. Weitere Details zum Stern-Gerlach-Experiment und seiner Bedeutung und weiterführende Informationen sind auf der Webseite der Deutschen Physikalischen Gesellschaft unter https://bit.ly/3sjoI1r verfügbar.

Hintergrund
Das Stern-Gerlach-Experiment zeigt, dass ein Atomstrahl aus Silberatomen sich in zwei Teilstrahlen aufgespaltet, wenn man ihn durch ein inhomogenes Magnetfeld schickt. Das liegt daran, dass ein Silberatom ein magnetisches Moment besitzt. Die „Richtungsquantelung der Drehimpulse“ zeigt sich hier durch die beobachtete Aufspaltung in genau zwei Teilstrahlen - anstelle eines Strahls bzw. einer zufälligen Streuung in alle Richtungen, wie ihn die bis dahin verwendeten Modelle der klassischen Atomphysik vorausgesagt hätten. Stern und Gerlach konnten die Richtungsquantelung in genau zwei Richtungen anhand zwei voneinander getrennt entstehenden Flecken auf einer Fotoplatte zeigen.

Die Physiker Otto Stern und Walther Gerlach wiesen damit im damaligen Physikalischen Institut in der Frankfurter Robert-Mayer-Straße erstmals die Richtungsquantelung des Drehimpulses von Atomen bzw. Elektronen nach. „Quantelung“ bedeutet, dass deren Drehimpuls nur einige wenige feste Zustände haben kann, zwischen denen keine weitere Unterteilung möglich ist. Zunächst als Nachweis des Bahndrehimpulses eines Elektrons des Silberatoms fehlgedeutet, wissen wir heute, dass es sich um den experimentellen Nachweis des Elektronenspins handelte – also des Eigendrehimpulses („Spin“) von Elektronen. Der Spin des Elektrons kann nur die beiden im Experiment in den beiden Strahlen beobachteten „Richtungen“ haben. Er ist von fundamentaler Bedeutung für das moderne physikalische Weltbild. Er spielt beim Aufbau der Atomhülle und damit für alle für uns sichtbare und fühlbare Materie und ihre von uns wahrnehmbaren Eigenschaften eine wichtige Rolle.

 

Dezernat Kultur und Wissenschaft
Pressesprecherin und Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit
Jana Kremin
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