Designthemen Frankfurt

 

Was ist Design? Otl Aicher nannte es einmal: die »Welt als Entwurf«. Ein Entwurf, der dazu ansetzt, Probleme von höchster Komplexität zu lösen. In der Strukturierung und Gestaltung von Inhalt und Form wird nicht nur ihre Erscheinung, sondern auch ihr Gebrauch kultiviert. Die Wahl zwischen Funktionalität, modischem Selbstzweck und barocker Vielfalt wird zur folgenreichen Entscheidung, denn Gestaltung differenziert und stiftet Identität.

Schon immer strebte der Mensch danach, seine Umwelt auch nach ästhetischen Gesichtspunkten zu entwerfen. Mit der zunehmenden Industrialisierung im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts hat sich die Wahrnehmung von Gestaltung und angewandter Kunst jedoch stark gewandelt. Design als Lösungsstrategie für neue Problemfelder rückte immer deutlicher ins Bewusstsein.

Alle gestalterischen Ausdrucksformen in einem umfassenden Projekt darzustellen, war das Ziel der Künstler, die sich 1899 auf der Mathildenhöhe zur Darmstädter Künstlerkolonie zusammenschlossen. Die Niederlassung von Architekten, Bildhauern und Malern war zuvor von Großherzog Ernst Ludwig berufen worden. Neue Materialien und die Notwendigkeiten industrieller Produktionsmethoden erforderten neue gestalterische Lösungen, nach denen die Gruppe um Peter Behrens und Joseph Maria Olbrich suchte. Man wollte eine grundsätzliche Reform des Kunsthandwerks erreichen und Schluss machen mit dem überladenen Stil der Gründerzeit. Parallel zur Arts and Crafts-Bewegung in England und dem Art Nouveau in Frankreich nahmen sich die Künstler des Sezessions- oder Jugendstils nicht weniger als eine alles umfassende Erneuerungsbewegung vor, in der Kunst und Leben in der »angewandten Kunst« verschmelzen sollten. Sie machten Darmstadt damit zu einem europäischen Zentrum des »Neuen Stils«.

Eine auf große Mengen ausgerichtete Produktion stellte den seit 1889 auch im oberhessischen Frankenberg produzierenden Stuhlfabrikanten Michael Thonet vor neue Herausforderungen. Seine Lösungsstrategie mündete in dem von ihm entwickelten Verfahren der Bugholz-Verarbeitung, in dem er die von ihm eigens dafür entworfenen Modelle in großen Stückzahlen fertigte und weltweit vertrieb. Das konsequent auf ein industrielles Verfahren zugeschnittene Design Thonets ermöglichte zwar die erste Massenproduktion von Stühlen, warf aber auch grundsätzliche, mit der Industrialisierung einhergehende Stilfragen auf. Während die Fertigung von Einzelstücken im Handwerk wertvoller und bedeutender erschien, sah sich das frühe Industrie-Design mit den Notwendigkeiten der Massenproduktion konfrontiert und musste Antworten finden auf neue Fragen nach einer über-individuellen, industriellen Form.

Ein weiterer Quantensprung von der Manufaktur zum industriellen Fertigungsbetrieb begann zur Jahrhundertwende mit dem Beschluss Heinrich Kleyers in den Frankfurter Adlerwerken die Produktion von Motorfahrzeugen aufzunehmen. Dies geschah so erfolgreich, dass 1914 bereits ein Fünftel aller deutschen Autos aus dem Gutleutviertel kamen. 1927 ging mit dem »Adler Standard 6« der erste deutsche Serienwagen in Produktion. Für die Gestaltung des »Standard 8« verpflichtete Adler den renommierten Direktor des Dessauer Bauhauses Walter Gropius. Er verhalf der Frankfurter Automobilproduktion zu einer enormen Steigerung des Bekanntheitsgrads. Das stilisierte Adler-Logo, ab 1930 auf den Kühlerhauben aller Adler-Wagen, stammt ebenfalls aus seiner Feder. Gropius erhielt im Jahr 1961 den Goethepreis, eine der bedeutendsten Auszeichnungen Frankfurts.
 

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