Die Frankfurter Küche

 

Die Frankfurter Küche ist der Prototyp einer kleinen, gut organisierten Einbauküche. Sie wurde von der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky in den 20er Jahren als Standard-Küche für die unter Stadtbaurat Ernst May geplanten und realisierten Wohnbausiedlungen des »Neuen Frankfurt« entwickelt. Allgemein gilt sie als das Urmodell aller folgenden Einbauküchen.

Die durchgeplante Frankfurter Küche mit ihren ca. 7 Quadratmetern Größe sollte für die Rationalisierung der verschiedenen Arbeitsvorgänge in einer Küche sorgen. Der geringe Platz, der für den Einbau der Küche zur Verfügung stand, erlaubte es nicht, die damals üblichen Küchenmöbel zu verwenden. Deswegen wurden nicht nur alle Möbel und Aufbewahrungen neu entworfen, sondern auch eine flexibel angebrachte Lampe, deren Lichtkegel und Lampenschirm so konstruiert waren, dass der Arbeitsbereich stets optimal ausgeleuchtet war. Die Arbeitschritte konnten nun seriell und vor allem schnell erledigt werden. Zu diesem Zweck wurde zum Beispiel ein Tellerabtropfgestell entwickelt, welches das Abtrocknen überflüssig machte, auch die Töpfe wurden aufgehängt und nicht mehr per Hand abgetrocknet. Traditionell wurde die Frankfurter Küche durch eine Schiebetür mit dem Wohnraum verbunden, wodurch die Kinder auch während der Küchenarbeit problemlos beaufsichtigt werden konnten.

Schütte-Lihotzkys Konzept vorausgegangen waren eingehende Studien zur so genannten Schritt- und Greifersparnis. Die Ergebnisse dieser ergonomischen Untersuchungen wurden zur Grundlage für die rationalisierende Küchenplanung gemacht.

Durch die kleine, flexibel ausgestattete Küche wurden der Bauumfang und damit die Baukosten für die neuen Siedlungen deutlich reduziert. Plante man für herkömmliche Küchen noch durchschnittlich 19 Meter zwischen Essplatz und Herd ein, so war in der Frankfurter Küche nur noch eine Distanz von 8 Metern nötig. Gerade durch die Kostenersparnis konnte die Einrichtung der Küche in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung durchgesetzt werden: zwischen 1926 und 1930 durfte keine Gemeindewohnung ohne die Frankfurter Küche gebaut werden. In diesem Zeitraum entstanden fast 10.000 Wohnungen. Die Kosten für die Einbauküchen wurden auf die Miete umgelegt.

Die Frankfurter Küche bot also zwei Vorteile: Arbeitserleichterung für die Benutzer und zugleich geringere Baukosten. Sie entsprach damit den zeittypischen Anforderungen an Typisierung, Rationalisierung und Standardisierung der Entwurfs- Produktions- und Nutzungsprozesse.

Der Entwurf der Frankfurter Küche wurde bislang ausschließlich der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky zugeschrieben. Diese Tatsache wird in den letzten zehn Jahren von der Wissenschaft in Zweifel gezogen, allerdings steckt die Forschung zu diesem Thema noch in ihren Anfängen.

Die Designsammlung der Bergischen Universität in Wuppertal, die größte Hochschulsammlung Deutschlands, besitzt eine vollständig erhaltene original »Frankfurter Küche«, und im »Ernst-May-Haus« in der Römerstadt ist eine der typischen Musterwohnungen 2005 wieder hergestellt worden und kann samt der dort eingebauten Frankfurter Küche besichtigt werden.