Preisträger im Architekturwettbewerb ‚Wohnen für Alle‘ stehen fest

 

Ausgelobt war der Preis für bezahlbare und qualitätsvolle Wohnbauprojekte - Die Arbeiten der Preisträger werden im neuen Baugebiet Hilgenfeld realisiert

Unter dem Titel „Wohnen für Alle: Neues Frankfurt 2018“ haben das Planungsdezernat der Stadt Frankfurt, das Deutsche Architekturmuseum (DAM) und die ABG Frankfurt Holding im Jahr 2017 erstmals einen Architekturpreis für bezahlbares Wohnen ausgelobt. Weitere Partner des Wettbewerbs sind der Deutsche Städtetag, die Bundesstiftung Baukultur und die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen.

In der ersten Phase des Wettbewerbs haben sich 107 Architekturbüros aus ganz Europa mit insgesamt 131 Projekten für qualitätsvollen und bezahlbaren Wohnungsbau beteiligt. Voraussetzung war, dass diese Arbeiten in den vergangenen vier Jahren realisiert wurden. Aus diesen Wettbewerbsbeiträgen hat die Jury zehn Finalisten prämiert. Diese wurden mit einem Preis der Stadt Frankfurt ausgezeichnet und qualifizierten sich automatisch für das folgende Konzeptverfahren für das neue Frankfurter Baugebiet Hilgenfeld.

Sieben Architektenteams aus Deutschland und dem benachbarten Ausland entwickelten für jeweils mindestens eines der vier dafür reservierten Baufelder ein umzusetzendes Konzept für bezahlbaren Wohnungsbau. Auf diesen Flächen sollen 40 Prozent als geförderter Wohnraum mit Mieten zwischen 5,50 und 10,50 Euro entstehen, die übrigen freifinanzierten Wohnungen sollen zu preisgedämpften Mieten angeboten werden. Für die Grundstücks- und Baukosten sollen nach heutigem Stand auf allen Wettbewerbsflächen eine Miete von etwa 10,80 Euro angestrebt werden.

Aus diesen Wettbewerbsbeiträgen hat die Jury jetzt vier Preisträger gekürt und einen Anerkennungspreis vergeben.

Das Baufeld 3 wird mit dem Entwurf von Duplex Architekten AG aus Zürich (Schweiz) bebaut. Für das Baufeld 4 hat die Jury der Entwurf des Büros schneider + schumacher ZT GmbH Architekten aus Wien/Frankfurt am Main überzeugt. Bei den Baufeldern 1 und 2 konnte sich die Jury für keinen der eingereichten Wettbewerbsbeiträge entscheiden. Die ausgezeichneten Entwürfe von NL Architects aus Amsterdam (Niederlande)/Studyo Architects (Köln) und des Büros Lacaton & Vassal aus Paris (Frankreich) sollen überarbeitet werden, um jeweils auf einem anderen Baufeld im Hilgenfeld realisiert zu werden.

Eine Anerkennung hat die Jury an das Büro Praeger Richter Architekten aus Berlin ausgesprochen.

Die Entwürfe der Preisträger sollen in der nächsten Bearbeitungsphase weiter optimiert werden. Dabei soll auch geprüft werden, welche Standards aus anderen Ländern auf das Frankfurter Baugebiet übertragen und welche deutschen Standards in Frage gestellt werden können. Die Stadt Frankfurt, die ABG und das DAM gehen davon aus, dass aus dieser Phase weitere Erkenntnisse zu kostengünstigem und gutem Bauen folgen werden.

Das rund 14 Hektar große Baugebiet Hilgenfeld am Frankfurter Berg wird von der Stadt Frankfurt und der ABG als Wohngebiet mit rund 850 Mietwohnungen entwickelt. Neben Mietwohnungen sollen 15 Prozent der Flächen durch gemeinschaftliche und genossenschaftliche Wohnprojekte bebaut werden. Damit soll langfristig bezahlbarer Wohnraum für alle Frankfurterinnen und Frankfurter geschaffen werden.

Das Deutsche Architekturmuseum stellt die Arbeiten des Wettbewerbs in einem Katalog und einer Ausstellung vor, die am 12. April eröffnet wird. Die Ausstellung und der Wettbewerb sind Teil des Projekts „Neues Frankfurt“, Frankfurts Beitrag zum nationalen Bauhausjahr 2019. Damit sollen unkonventionelle Antworten und die Architekturvielfalt bei der Schaffung von Wohnraum gefördert werden.

Preisträger Wohnen für Alle, Hilgenfeld Frankurt 2019
Duplex Architekten, Zürich & Studio Duplex, Hamburg: Unter dem Motto „Gestapelte Lauben“ schlagen die Architekten für einen länglichen Riegel am Eingang des Hilgenfeldes außergewöhnlich tiefe Terrassen sowohl als Laubengangerschließung als auch private Balkonfläche vor, die zudem reich begrünt werden sollen, um Privatsphäre und einen vegetativen Sonnenschutz zu garantieren. Modulare Grundrisse ermöglichen eine Vielzahl von sehr kleinen bis hin zu normalen Mischungen für den angestrebten Mix aus geförderten und freifinanzierten Wohnungen. Positiv bewertet werden große innovative „Cluster“-wohnungen, die die Verfasser bereits erfolgreich in Zürich umsetzen konnten und die sowohl Mehrgenerationenwohnen als auch neuartige Wohngemeinschaften ermöglichen. Einzelne später zu definierende Flächen pro Geschoss dienen Gemeinschaftsaufgaben.

Lacaton et Vassal architectes, Paris
Für einen rechteckigen, länglichen Riegel schlagen die Architekten ihre bereits erfolgreich in Bordeaux und Paris angewandte Methode „Plus“ der Umhüllung eines kompakten und massiven Volumens mittels besonders tiefer Wintergärten aus Polycarbonat vor. Ein Mehr an Fläche wird durch die Armut der verwendeten Materialien und Standards kompensiert, der Grundriss ist tiefer als gewöhnlich. Ein großer Dachüberhang sorgt im Sommer für den passiven Sonnenschutz, die Wintergärten mit Isoliervorhängen für den winterlichen Wärmeeinbehalt. Die stützenfreien Grundrisse lassen dabei jede Aufteilung zu. Auf Keller sowie Aufzüge wird verzichtet, die Erschließung ist minimiert.

NL Architects, Amsterdam & Studyo Architects, Köln
Für einen länglichen Riegel schlagen die Architekten ein sehr markantes Terrassenhaus vor, das sie in anderer Form bereits in Amsterdam gebaut haben. Dabei werden die Laubengänge jeweils vom nächsten Geschoss versetzt überdacht und so klimatisch geschützt, während die Terrassen sich großzügig öffnen und jedem Bewohner das Gefühl einer eigenen freien Terrasse wie im Einfamilienhaus bieten. Als Konstruktionsmaterial wird eine innovative sichtbare Holz-Betonverbundkonstruktion vorgeschlagen, um die Dämmproblematik der Auskragungen zu bewältigen. Die Wohnungen sind durchgesteckt und unterschiedlich breit, um den erwünschten vielfältigen Wohnungsmix zu ermöglichen.

Schneider + Schumacher ZT GmbH, Wien
Die Architekten schlagen für ein tieferes Baufeld am Eingang des Gebietes ein Doppelhaus unter dem Namen „Max und Moritz“ nach Wiener Vorbild vor, das ein außergewöhnlich breiten Grundriss mit einer sehr minimierten Erschließung vorsieht, die sich sehr positiv auf die zu erwartenden Miet- und Nebenkosten auswirken sollte. Ein einzelner Aufzug an einer Brücke zwischen zwei fast dreieckigen Bauten sowie Flure mit jeweils durch Oberlicht erhellte Treppenhäuser sorgen für die effiziente Erschließung. Ähnliche Gebäudeerschließungen und Wohnungsgrundrisse werden in Wien häufig gebaut. Die Wohnungen sind eher größer ausgelegt, der gewünschte Mix kann aber garantiert werden. Außergewöhnlich durch die Größe und Zuschnitt ist der hohe Anteil der Mietflächen. Positiv hervorzuheben ist auch der zusätzliche Platz am Quartierseingang und die Ladenlokale im Erdgeschoss.

Anerkennung für Praeger Richter Architekten, Berlin
Unter dem Titel „Frankfurter Mietbauhäuser“ schlagen die Architekten stützenfreie Grundrisse als Abwandlung ihrer bekannten Berliner „Ausbauhäuser“ vor, die zukunftsfähig reversibel und egal für welche Förderart dienlich sind. Positiv bewertet wird auch das Ziel der Teilhabe der Mieter an ihrem direkten Umfeld wie Dachgarten und dem freien Erdgeschoss. Eine robuste Konstruktion aus Spannbetondecken soll für günstige Kosten und eine langfristige Dauerhaftigkeit sorgen.

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