20.10.2020 - Gedenken an die erste Massendeportation aus Frankfurt

 

Die Kulturdezernentin
Dr. Ina Hartwig

PRESSEINFORMATION
20.10.2020

Gedenken an die erste Massendeportation aus Frankfurt

Mit einer Gedenk- und Vortragsveranstaltung hat die Stadt Frankfurt am Main an die erste Massendeportation von Jüdinnen und Juden aus Frankfurt am 19. Oktober 1941 erinnert. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Fritz Bauer Institut statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der wissenschaftliche Vortrag „Fotos aus Sobibor. Zum Gedenken an die Deportation der Frankfurter Juden” des Historikers Andreas Kahrs vom Bildungswerk Stanislaw Hantz.

Kulturdezernentin Ina Hartwig begrüßte die Gäste in der Paulskirche sowie die Zuschauerinnen und Zuschauer des Livestreams für den Magistrat: „Der 19. Oktober verknüpft als städtischer Gedenktag die historischen Verbrechen der Schoah konkret mit Frankfurt und seinen Bürgerinnen und Bürgern. Er erinnert an die individuellen Schicksale der Menschen, die aus der Stadt deportiert und ermordet wurden. Diese Erinnerungsform betrachte ich als essentielle Aufgabe unserer Stadt, da eine rein abstrakte Auseinandersetzung mit dem Holocaust die Opfer in den Hintergrund treten lässt.“

Die Direktorin des Fritz Bauer Instituts, Prof. Sybille Steinbacher, ging in ihrem Grußwort auf die Geschehnisse des 19. Oktober 1941 in Frankfurt ein und fragte, welche Bedeutung dem Beginn der Deportationen im Kontext der nationalsozialistischen Mordpolitik zukam: „Der Herbst 1941 war die Zeit, als die antijüdische Politik im gesamten deutsch besetzten Europa radikalisiert wurde. Zwischen dem Geschehen in der Frankfurter Großmarkthalle und der Tatsache, dass in Kulmhof im Warthegau unweit des Ghettos Litzmannstadt das erste Vernichtungslager des Deutschen Reiches errichtet wurde, bestand ein unmittelbarer Zusammenhang.“

Andreas Kahrs ging in seinem Vortrag auf eine neu entdeckte Fotosammlung zu den Verbrechen der Euthanasie und des Holocaust ein. Die Sammlung gehörte dem ehemaligen stellvertretenden Kommandanten des Vernichtungslagers Sobibor, Johann Niemann, und bietet erstmals Einblicke in das Lager. Durch drei Deportationen aus Frankfurt in den Distrikt Lublin, eine davon direkt nach Sobibor, ist diese Mordstätte für die Verfolgungsgeschichte der Frankfurter Jüdinnen und Juden von besonderer Bedeutung. Die Nationalsozialisten brachen das Lager 1943 vollständig ab und versuchten, die Spuren ihrer Verbrechen zu verwischen.

Der 19. Oktober ist seit 2018 ein offizieller Gedenktag der Stadt Frankfurt am Main. Am 19. Oktober 1941 wurden 1100 Frankfurter Jüdinnen und Juden ohne Vorankündigung und gewaltsam aus ihren Wohnungen verschleppt und durch die SA quer durch die Stadt zur Frankfurter Großmarkthalle getrieben. In den Kellern der Halle wurden sie gedemütigt und misshandelt, um schließlich über das Gleisfeld deportiert zu werden. Ziel der ersten Deportation war das Ghetto Litzmannstadt (Łódź) im besetzten Polen. Drei Personen haben diese Deportation überlebt. Seit 2015 erinnert die Erinnerungsstätte an der Großmarkthalle an diese erste Massendeportation.


Dezernat Kultur und Wissenschaft
Pressesprecherin und Leitung der Öffentlichkeitsarbeit
Jana Kremin
Hausanschrift: Brückenstraße 3-7, 60594 Frankfurt am Main
Telefon: 069 – 212 49232; Fax: 069 – 212 97 49232
E-Mail: jana.kremin@stadt-frankfurt.de