22.12.2015 - Was war 2015 – was wird sein: Kulturdezernent Semmelroth zieht Bilanz

 

Der Kulturdezernent
Prof. Dr. Felix Semmelroth

PRESSEINFORMATION
22.12.2015

Was war 2015 – was wird sein: Kulturdezernent Semmelroth zieht Bilanz


„Das Jahr 2015 festigte Strukturen für die kulturelle Entwicklung in Frankfurt am Main. Durch umfangreiche Investitionen für Bauvorhaben bei den Ausstellungshäusern sind diese zukunftsfähig. Auch die getroffenen Personalentscheidungen haben grundsätzlich programmatische Auswirkungen auf die Folgezeit. Damit hat die Kulturstadt Frankfurt auch in diesem Jahr eine schrittweise Erneuerung erfahren, die für Stabilität und Wachstum sorgt“, fasst Kulturdezernent Prof. Dr. Felix Semmelroth die Entwicklung in seiner Jahresrückschau zusammen.

Erinnerungsstätte an der Frankfurter Großmarkthalle / EZB von KATZKAISER 5 © Norbert Miguletz

Das gilt insbesondere für konkrete Maßnahmen beim Herzstück der Kulturlandschaft, dem Museumsufer Frankfurt. Gerade erfolgte beim Jüdischen Museum der Spatenstich als baulicher Auftakt für den Erweiterungsbau, schon steht im Frühling 2016 die Wiedereröffnung des Museums Judengasse mit seiner neuen Ausstellungskonzeption bevor. 27 Jahre nach der Eröffnung des Ausstellungshauses im Rothschild-Palais und 23 Jahre nach der Eröffnung des Museum Judengasse wird der Museumsbetrieb die räumlichen Voraussetzungen erhalten, um sich zeigemäßen Aufgaben zu widmen und als ein neuartiges Zentrum jüdischer Geschichte und Kultur zu definieren. Bereits im Januar 2016 wird die Staffelübergabe an die neue Leiterin Dr. Mirjam Wenzel erfolgen. Dem Jüdischen Museum obliegt es auch, Führungen in der Erinnerungsstätte an der ehemaligen Frankfurter Großmarkthalle anzubieten. Diese thematisieren die historischen Hintergründe der Deportationen aus Frankfurt am authentischen Ort und beziehen die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ein. Bislang haben bereits zwölf Führungen mit jeweils bis zu 40 Personen stattgefunden, 14 weitere sind bereits ausgebucht. Die Erinnerungsstätte ist Teil der neuen QR-Code-Route entlang der Gedenkorte Frankfurt 1933 bis 1945. Das Mahnmal soll das Gedenken an die Deportation von mehr als 10 000 jüdischen Bürgerinnen und Bürgern Frankfurts unterstützen, die in den Jahren 1941 bis 1945 auf dem Gelände versammelt und von dort in Konzentrationslager deportiert wurden. Das Gesamtprojekt wurde von der Stadtverordnetenversammlung mit einem Kostenrahmen von 8,4 Millionen Euro beschlossen, davon trägt die EZB eine Million Euro.

Die offizielle Zeremonie des Spatenstichs steht im ersten Quartal 2016 ebenfalls beim Romantikmuseum bevor. Während die Fertigstellung des neuen Historischen Museums noch bis 2017 auf sich warten lässt, wird das Kindermuseum bereits Ende nächsten Jahres sein Domizil im Mutterhaus beziehen.

Dann kann auch das MOMEM, Museum of Modern Electronic Music, Gestalt annehmen. In diesem Monat wurde mit den Initiatoren ein „Letter of Intent“ unterzeichnet, so dass das MOMEM künftig an der Frankfurter Hauptwache die ehemaligen Räumlichkeiten des Kindermuseums mietfrei nutzen kann. Das Museum soll die Entwicklungsgeschichte der elektronischen Musik in Frankfurt als Entstehungsort dieses besonderen Musikgenres nachvollziehbar machen.

Gerade vom Magistrat beschlossen wurde das Raumprogramm für das stadteigene Zentraldepot der städtischen Museen. Das Projekt mit 15 000 Quadratmetern Nutzfläche wird durch die MuseumsBausteine GmbH koordiniert und sieht neben den Depotflächen gemeinschaftliche Restaurierungswerkstätten oder auch Ateliers zur Ausstellungsvorbereitung, Studienräume und Büros vor. Ein Zentraldepot wird notwendig, weil bei den Neubauten des Jüdischen Museums sowie des Historischen Museums auf Grund der Innenstadtlage keine Depotflächen integriert werden konnten. Weiterhin fallen hohe Mieten für die Depots des Museums der Weltkulturen und des Deutschen Architekturmuseums an. Eine zusätzliche Problematik ist, dass die aktuellen Magazinflächen quantitativ und qualitativ ungenügend sind – diejenigen des Archäologischen Museums und des Museums Angewandte Kunst sind bereits ausgeschöpft. Durch eine energetisch moderne Bauweise und das Wegfallen von Mieten können langfristig große Einsparungen erzielt werden.

Um die Definition kulturpolitischer Ziele im Voraus und die Ableitung konkreter Maßnahmen für deren Umsetzung ex post, ging es bei dem Expertengespräch „Weltkulturen in Frankfurt – Ethnologie und Museum im 21. Jahrhundert“. Nachdem das Weltkulturen Museum in der ursprünglich beschlossenen Fassung nicht realisierbar scheint, wurde bei der Diskussion über die nationale und internationale Bedeutung ethnologischer Museen heute sowie die Positionierung des Museums in der Frankfurter Stadtgesellschaft diskutiert. Die Veranstaltung soll als Themenreihe fortgesetzt werden. Die Ergebnisse können dann in die Suche nach Alternativen für zusätzliche Präsentationsflächen der ethnologischen Sammlung eingehen.

Die hohe Qualität der Frankfurter Museen zeigt sich neben Publikumsrekorden auch an der Entscheidung, dass das Deutsche Architekturmuseum 2016 den deutschen Beitrag auf der Architekturbiennale in Venedig kuratiert.

Besucherströme verzeichnen erneut die Städtischen Bühnen. Das Schauspiel Frankfurt konnte mit einer Platzauslastung von 87,5 Prozent aufwarten – die zusätzlichen 10 000 Besucher im Vergleich zur vorherigen Spielzeit setzten sich besonders aus einem jungen Publikum zusammen. Die Einnahmen stiegen um 15 Prozent auf 2,98 Millionen Euro. Ab Spielzeitbeginn 2017/2018 soll Anselm Weber Intendant von Schauspiel Frankfurt und Mitgeschäftsführer der Städtischen Bühnen Frankfurt GmbH werden. Damit wird das Schauspiel Frankfurt auch zukünftig ein renommierter Ort mit hervorragender künstlerischer Perspektive sein. Mit der Mischung aus Innovation und Tradition lag die Oper Frankfurt bei Publikum und Kritik erneut ganz vorne und wurde gemeinsam mit dem Nationaltheater Mannheim zum Opernhaus des Jahres gewählt. Zur positiven Bilanz gehört auch die Verlängerung des Geschäftsführers und Intendanten der Alten Oper Dr. Stephan Pauly bis 2022.

Zukunftsweisend sind ebenfalls die Planungen für ein eigenständiges Kinder- und Jugendtheater mit der dazugehörigen Spielstätte sowie eigenem Ensemble und künstlerischer Leitung. Das reichhaltige Angebot der Frankfurter Akteure im Bereich Kinder- und Jugendtheater kann die große Nachfrage bei weitem nicht decken und deshalb ist es unerlässlich, zusätzliche Mittel auszuweisen. In diesem Jahr bestimmte weiterhin die Frankfurter Theaterförderung die Agenda. Der neu konstituierte Theaterbeirat legte seine Empfehlungen vor und verdeutlichte die Notwendigkeit einer erhöhten Förderung für die freie Szene.

Die Tradition städtischer Literaturveranstaltungen wurde fortgesetzt. Mit den Lyriktagen zum Thema „Gegenwartslyrik“, wie auch Open Books bis hin zu Literatur im Römer waren alle Angebote erneut große Publikumsmagneten. Einen kulturellen Höhepunkt bildete das Programm zu 25 Jahre Deutsche Einheit mit hochkarätigen Veranstaltungen aus den Bereichen Literatur, Bildende Kunst und Musik in der Paulskirche. Die Ausstellung im öffentlichen Raum mit Bildern zur Einheit von Barbara Klemm lud den Betrachter zu einem zeitgeschichtlichen Spaziergang durch Frankfurt ein.

Kontinuierlich auf hohem Niveau sind auch die Bewerbungen für das Frankfurter Jazzstipendium, welches 2015 sein 25jähriges Jubiläum feierte. Zu diesem Anlass wurde das Stipendium zur Unterstützung der künstlerischen Weiterbildung um 2 500 Euro auf nun insgesamt 10 000 Euro erhöht. Diesjähriger Gewinner war das J-Sound Project, dessen Mitglieder mit zeitgenössischem Jazz überzeugten.

Die Jahreskarte der Frankfurter Museen, die MuseumsuferCard, feierte ebenfalls Jubiläum. Nachdem die Karte seit 15 Jahren Bürgerinnen und Bürgern aus Frankfurt und Rhein Main die Möglichkeit bietet, sich für einen geringen Preis alle Dauer- und Sonderausstellungen der Frankfurter Museumslandschaft zu erschließen, nutzen bereits mehr als 22 000 Personen jährlich dieses Angebot. Noch bis zum 24. Dezember erhalten Käufer der MuseumsuferCard eine Freikarte für den Zoo Frankfurt. Bei diesem stehen derzeit die Planungen für eine neue Pinguinanlage im Mittelpunkt des Interesses. Für das Wohl der Tiere wird eine Freianlage mit vielen spannenden Einblicken geplant, in die 70 bis 80 Humboldtpinguine einziehen werden. Die großzügige Anlage wird zwischen dem großen Weiher und dem Exotarium entstehen. Im Rahmen des 30-Millionen-Euro-Investitionsprogramms wird im kommenden Frühjahr die Bau- und Finanzierungsvorlage den Stadtverordneten zur Beschlussfassung vorgelegt, damit noch im nächsten Jahr der Bau des neuen Refugiums mit bis zu 400 Quadratmetern Wasserfläche und 200 Quadratmeter Landfläche beginnen kann.

Auch die Entwicklung des Kulturcampus hat einen beachtlichen Fortschritt erreicht. Nachdem das Land Hessen 100 Millionen Euro ab dem Jahr 2021 für den Neubau der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst zur Verfügung stellt, ist der Weg frei für weitere Planungen. Derzeit werden im Kulturdezernat Einzelgespräche mit Vertretern der Kulturinstitute geführt, um die diversitären Bedürfnisse und Notwendigkeiten zu ermitteln. Damit ist das Projekt einen entscheidenden Schritt in Richtung eines neuen Zentrums der ästhetischen Avantgarde weitergekommen.

Gesichert ist auch die Zukunft des Peterskirchhofs, dessen Grabstätten von überregionaler kulturhistorischer Bedeutung sind und auf dem viele bekannte Frankfurter wie Goethes Eltern oder die Familien Textor und Merian, ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Mit der Bereitstellung von 1,23 Millionen Euro für die Sanierung der Grünfläche und weiteren 500 000 Euro für die Restaurierung der Grabmäler werden bei dem Gemeinschaftsprojekt vom Grünflächenamt, Hochbauamt, Denkmalamt und Kulturamt erste Maßnahmen zum Erhalt des Ortes realisiert. Derzeit werden 21 eingelagerte Epitaphien, die an der Kirchenstützmauer angesiedelt waren, aus einer kulturhistorischen Betrachtung heraus untersucht. Sie sollen im nächsten Jahr als erste restauriert werden. Bei 35 weiteren Grabmälern erfolgt eine konservatorische Notsicherung vor Ort. Parallel dazu werden über den Winter sechs besonders gefährdete Grabmäler Schutzdächer aus Holz erhalten. Im Sommer 2016 beginnt das Grünflächenamt mit der Sanierung seiner Flächen, 2017 können dann die Sicherungsarbeiten an den Grabmälern weitergeführt werden. Die Instandsetzung der insgesamt 186 Grabmäler wird bis zum Jahre 2027 andauern.

Veranlasst durch die besondere Situation, dass so viele Menschen wie noch nie auf Grund von Flucht in unserer Stadt eine neue Heimat suchen, starten die Frankfurter Museen im nächsten Jahr ein Pilotprojekt für Flüchtlinge. Sie laden mit einem kooperativen Konzept zur interkulturellen Öffnung die Bewohner der Notunterkünfte ein, die Frankfurter Museumslandschaft kennenzulernen. In Zusammenarbeit mit den Betreibern der Notunterkünfte und unterstützt von Dolmetschern bieten die Museen kostenfreie Führungen an. Auch Stiftungen wollen sich im Rahmen dieses Programms mit eigenen inhaltlichen und von ihnen finanzierten Beiträgen beteiligen. Ab Januar nächsten Jahres bieten die städtischen Museen und der Frankfurter Zoo zusätzlich Flüchtlingen den Eintritt analog zum Frankfurtpass an. „Kulturpolitik muss sich den Anforderungen des demografischen Wandels in Frankfurt stellen und möchte die Menschen für Frankfurt interessieren. Es geht darum, kurzfristig Strukturen für eine beteiligungsorientierte Kulturpolitik zu organisieren, um Flüchtlingen kulturelle Anknüpfungspunkte zu bieten. Integration ist ein komplexer Prozess – vorrangig ist jedoch eine erste Maßnahme für ein Angebot an die Menschen in den Notunterkünften. Zudem erlaubt das Modell ein interkulturelles Lernen für ein erfolgreiches Zusammenleben, “ erklärt der Kulturdezernent abschließend.


Dezernat Kultur und Wissenschaft
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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